CIRCLES
MAC MILLER
Von David Marbach
Mit fünfzehn Jahren haben unsere Sneakers stolz zum Hit «Nikes On My Feet» des damals 18-jährigen Rappers aus Pittsburgh getragen. Ein Jahr später realisierte er mit seinem internationalen Hit «Donald Trump», der in einem Rechtsstreit mit dem heutigen US-Präsidenten endete, den Durchbruch endgültig. Im Alter von neunzehn Jahren wollte er die Welt erobern und Geld machen – «when on my Donald Trump shit». Fünf Jahre später bezeichnete er Donald Trump vor den Präsidentschaftswahlen als «eine egoistische, aufmerksamkeitsdurstige, psychophatische, machthungrige, wahnhafte Verschwendung von Haut und Knochen». Das steht eindrücklich für den Wandel, den Malcom McCormick in seiner zu kurzen Rapkarriere vollzogen hat.
Auch sein wohl erfolgreichstes Album «Blue Slide Park» gilt lyrisch nicht gerade als Meisterwerk. Unseren 18-jährigen Ichs war das damals völlig egal. Wir kurvten mit heruntergelassenem Cabriodach, einem breiten Grinsen und dem für die überforderten Renault-Boxen viel zu basslastigen Song «Smile Back» um den Hallwilersee. Wie dem jungen Mac Miller waren uns die Aussagen der Songs völlig egal: Es ging um den Flow, die energiegeladenen Beats und um den Schalk und die Coolness, die er auf dem Album ausstrahlte. «You can keep on grillin', Imma smile back.»
2013 folgte mit «Watching Movies With The Sound Off» ein Album, auf dem Mac Miller neue Seite von sich preisgab. Sprachlich auf einem anderen Niveau, verliess er den frechen «Gute-Laune-Rap» und sprach in seinen Texten erstmals ernsthafte Themen an. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte er sich von Album zu Album weiter, anstatt auf der Welle seiner Erfolgsformel ‘weiterzusurfen’. Er war ein Musiker, der bis zu seinem Ableben von jeder seiner musikalischen Seite nur ein kleines Stück preisgeben konnte. Mac Miller sang, spielte Schlagzeug, Gitarre und Klavier, produzierte Mixtapes unter seinem Pseudonym «Larry Fisherman» und war stets ein Mann, der in der weltweiten Musiklandschaft hervorragende Reputation genoss.
Jay-Z wurde einst auf Twitter gefragt, welche Künstler er für die Rapper mit dem grössten Potential hält – ‘Hova’ antwortete: «Too many… Fab, black people really magic. Mac Miller nice too though.» Und genau das zeichnete Mac so wunderbar aus. Wie ein Chamäleon war er in Musikerkreisen äusserst beliebt und konnte mit jeglichen Künstlern aus verschiedenen Genres kooperieren – mal funkig in einem Live-Album mit «The Internet», mal soulig in «The Divine Feminine». Es gab nichts, was sich bei Mac nicht cool und authentisch angehört hatte.
Seine Vielseitigkeit und die stetige Weiterentwicklung machen ihn nach unserer Meinung zu dem, was er heute für viele Fans ist: zu einem der herausragendsten Künstler seiner Generation. Neun Jahre nach «Donald Trump» erscheint «Circles». Die Texte auf «Circles» sind wie schon auf «Swimming» traurig und poetisch, aber trotzdem irgendwie hoffnungsvoll.
In seiner ganzen Karriere schwamm Mac Miller niemals im Kreis, sondern immer hinaus in die Welt, um neue Gewässer zu erkunden. Auf dem letzten Album von Mac Miller ist mit «Hands» nur noch ein wahrer Rapsong enthalten. Ein Zeichen dafür, wie sich Mac in laufe seiner Musikerkarriere weiterentwickelt hat. Lyrisch wie auch musikalisch ist das Album auf einem ganz anderen Level. Die Instrumentals hat der talentierte Musiker hauptsächlich selber eingespielt. Die feinen, ausgereiften Melodien und der verträumte Flow lassen den Hörer in eine andere Welt wegdriften.
Mit Malcolm McCormick ist im September 2018 ein wahrer Künstler von uns gegangen. Psychische Probleme und Drogenexzesse begleiteten Mac Miller während seiner ganzen Karriere: Als es nach der Veröffentlichung seines Albums «The Divine Femine» aufwärts zu gehen schien, stürzte ihn die Trennung nach der Beziehung mit Ariana Grande in die nächste Krise. Drei Jahre vor seinem Tod äusserte er im Song «Brand Name» Bedenken, im berüchtigten ‘Club 27’ zu landen.
To everyone who sell me drugs,
Don’t mix it with that bullshit,
I’m hopin’ not to join the 27-club.
Soweit kam es nicht, Mac ist im Alter von 26 Jahren gestorben. Nur mit der Todesursache lag er bizarrerweise richtig. Er hinterlässt eine gewaltige Lücke im Hip-Hop und lässt nur andeuten, dass er seiner Audienz noch viel mehr zu geben hatte und nur am Anfang seiner Blüte stand. Als Fan seiner Musik gab es nichts schöneres, als seinen musikalischen Prozess von Anfang an mitzuverfolgen. Vom jungen Rapper aus Pittsburgh zu einem gestandenen Musiker war es ein weiter Weg, doch keiner hat ihn so smooth bewältigt wie es Mac tat – eine wunderbare Reise, die zu schnell vorbei war.
Wie für viele seiner Fans war es auch für uns das erste Mal, dass sich der Tod eines Künstlers anfühlte, als hätte man einen Freund verloren: Ganz einfach, weil er mit seinem offenherzigen und lebensfrohen Charakter und seiner Musik eine einzigartige Nähe zu seinen Hörern aufbauen konnte.
Was bleibt, sind Erinnerungen, seine Musik, und vor allem seine letzten, wundervollen Alben «Swimming» und «Circles». Und so drehen wir auch im nächsten heissen Sommer nach einem 'Schwumm' wieder unsere Runden um den Hallwilersee – stets mit Mac’s Hits im Gepäck.
Gotta’ keep swimming.
Die besten Songs:
Circles
Complicated
Blue World
Good News
I Can See
Everybody
Woods
That’s On Me
Once A Day